Newsbeitrag vom 03.11.2015

Amerikaner kaufen Visa Europe zurück

Der US-Kreditkartenanbieter Visa steht vor dem teuersten Zukauf seiner Firmengeschichte, für das vor Jahren abgespaltene Europa-Geschäft liegen bis zu 21,2 Milliarden Euro auf dem Tisch. Die Verwaltungsräte beider Unternehmen stimmten einstimmig für ein Zusammengehen, wie Visa und Visa Europe am Montag informierten. 16,5 Milliarden Euro sollen sofort in bar und in Aktien fließen. Abhängig vom Erreichen bestimmter Ertragsziele, können zusätzlich bis zu 4,7 Milliarden Euro fällig werden. Der US-Konzern, zu dem die weltweiten Aktivitäten gehören mit Ausnahme des eigenständig operierenden europäischen Geschäfts, hatte sich 2007 vor seinem Börsengang von diesem getrennt. Seither verbinden beide Seiten eine enge Kooperation und ein unwiderruflicher und unbefristeter Lizenzvertrag. Visa Europe hat seinen Sitz in Großbritannien und gehört den mehreren Tausend europäischen Banken und Finanzdienstleistern, die Visa-Kreditkarten herausgeben. Visa Europe vermarktete sich bislang als Mitgliedsorganisation und europäisches Zahlungssystem, weshalb auch die Debitkarten (V PAY) nur auf dem alten Kontinent und in einigen Anrainerstaaten des Mittelmeers Akzeptanz finden. Der US-Konzern erhofft sich, dass die neue Größe und die Bildung eines globalen Konzerns im Konkurrenzkampf mit dem Rivalen Mastercard helfen. Ebenso wird den Verbrauchern in Europa der Deal als gut für sie verkauft, weil Innovationen wie das kontaktlose Bezahlen nun schneller kämen und europäische Datenzentren erhalten bleiben sollen. Die Planung sieht vor, dass die Transaktion nach der noch ausstehenden behördlichen Genehmigung im dritten Geschäftsquartal des Jahres 2016 abgeschlossen sein wird. Bei der Trennung war den Europäern eine Verkaufsoption eingeräumt worden. Demnach muss die Mutter die Tochter zurückkaufen, falls vier von fünf Mitgliedern im Verwaltungsrat dafür stimmen. Zeitplan und ein sich nach einer Formel zu bestimmender Preis waren damals festgelegt worden. Möglicherweise hatten die Amerikaner aufgrund dieser vertraglichen Regelungen gar keine andere Wahl, jedenfalls zahlen sie für das margenschwächere europäische Geschäft einen respektablen Preis. Wegen der strengen regulatorischen Vorschriften zu den erlaubten Gebühren erzielt Visa Europe weniger Umsatz bei jeder Zahlungsabwicklung. Am Verkaufserlös werden die britischen Geldhäuser den größten Anteil bekommen, er wird zusammen auf rund 40 Prozent geschätzt. Bei den deutschen Instituten fällt er deutlich geringer aus, denn zumeist zahlen die deutschen Verbraucher bar oder ziehen die Bankkarte der Kreditkarte vor. Die Anteile richten sich nach dem Umsatz mit Visa-Kreditkarten, den die einzelnen Mitglieder beisteuern.