Newsbeitrag vom 22.06.2017

Befragung der Finanzaufsicht belegt Ausmaß des Provisionsanteils bei Restschuldversicherungen

Die Finanzaufsicht BaFin veröffentlichte gestern eine eigene Marktuntersuchung zu den mit Privatkrediten häufig gleich mitangebotenen Restschuldversicherungen. Die Versicherungen springen ein, wenn ein Kreditnehmer durch Schicksalsschlag wie Arbeitslosigkeit, schwere Krankheit oder Tod seiner Rückzahlungsverpflichtung nicht mehr nachkommen kann. Die auf Grundlage eines Fragebogens erstellte Studie ist umfassend und aufschlussreich, die BaFin spricht von festgestellten Defiziten. Es sind Einblicke, die sich in vielen Punkten mit der langjährigen Kritik von Verbraucherschützern decken. Bei dem Produkt verdient nicht nur der Versicherer, sondern auch die Bank für die Vermittlung, was die Kosten in die Höhe treibt. Die Auswertung der Antworten der Banken zeigt, die Provisionen sind "außerordentlich hoch": Demnach gaben zwölf von 34 Banken an, ca. 50 Prozent der Versicherungsprämie zu erhalten. Sieben Banken erhalten mehr als 50 Prozent - in Einzelfällen mehr als 70 Prozent. Bei zwölf Banken lag der Provisionsanteil unter 50 Prozent. Drei Banken vertreiben keine Restschuldversicherung. Aus der Auswertung der Antworten der angeschriebenen Versicherer überraschte die Erkenntnis, aus welcher Vielfalt an Komponenten sich die bestehenden Provisionsmodelle mitunter zusammensetzen, zum Beispiel einmalige oder laufende Abschlussprovisionen, Beteiligungen am Risikoergebnis, Übernahme von Marketingkosten, Zuschüsse zu Trainings- und Belohnungsmaßnahmen, umsatz-, qualitäts- und stückabhängige Sonderbonifikationen etc. Alle der befragten Banken mit Restschuldversicherung gaben an, der Abschluss der Versicherung sei für den Kreditsuchenden optional. Zwei Drittel davon gaben an, tendenziell mehr Privatkredite ohne die Versicherung zu vergeben als mit ihr. Ein Drittel gab an, in der Mehrzahl mit der Versicherung zu vergeben. Die BaFin schloss daraus, dass der Gesamtblick auf die Branche nicht zu der in der Öffentlichkeit häufig erhobenen Kritik passe, die Banken drängten den Verbrauchern die Versicherung nahezu auf. Betrachte man hingegen die Gruppe der Banken, die regelmäßig die Mehrzahl der Verträge gekoppelt mit Versicherung verkaufen, würden die Zahlen aber durchaus die Annahme rechtfertigen, dass einzelne Banken gezielte Vertriebsstrategien einsetzen, mit denen wirksam überdurchschnittlich viele Verbraucher zum Abschluss bewegt werden. Die Banken bieten regelmäßig für ein Kreditprodukt das Versicherungsprodukt nur eines Anbieters an. Ein Vergleich verschiedener Versicherungsprodukte ist für Verbraucher so mit einem erheblichen Aufwand verbunden. Der Vertrieb erfolgt gemäß den Antworten der Versicherer überwiegend über die Filialen der Banken, diesen Vertriebsweg nutzen 28 von 30 Versicherern, ein direkter Abschluss von Restschuldversicherungsverträgen ist lediglich bei elf der Versicherer möglich. Vorhandener Versicherungsschutz der Kunden spielt in der Praxis offenbar keine oder eine unbedeutende Rolle, er wird üblicherweise nicht durch Abtretung Teil der Finanzierungsvereinbarung. Die Beitragsunterschiede für den Versicherungsschutz, gemessen anhand von zwei vorgegebenen Musterkunden, stellen "eine beachtliche Spanne" dar, so die BaFin. Als weiteres Ergebnis stellte sie fest, dass die Bedingungen und Verfahrensabläufe bei Beendigung bzw. Kündigung sehr unterschiedlich gestaltet sind und sich auch auf Tarifebene unterscheiden können. Dies bezieht sich auf den Widerruf des Versicherungsvertrags, die alleinige Kündigung der Versicherung ohne die gleichzeitige Kündigung des Kredits, die vorzeitige Rückzahlung des Kredits und auf das Versicherungsende nach planmäßiger Kreditrückführung. Es können automatische Abläufe vorgesehen sein, durch die Bank veranlasste, oder der Kunde muss selbst aktiv werden und seine Rechte wie zum Beispiel eine Rückzahlung von überzahlten Beiträgen einfordern. Geregelt ist dies größtenteils in den jeweiligen Allgemeinen Versicherungsbedingungen. Der Verbraucher solle sich daher dort informieren, soweit keine gesetzlichen Mindeststandards bestehen.

Die Aufsichtsbehörde startete die Befragung im Sommer 2016, auffallend ist der lange Zeitraum bis zur Veröffentlichung der Ergebnisse. Sie will mit den Marktteilnehmern nun über die Konsequenzen sprechen. Die Zeit für gesetzgeberische Verbesserungen ist aber denkbar knapp. Die parlamentarischen Verhandlungen zur Umsetzung der europäischen Versicherungsvertriebsrichtlinie IDD, in der es auch um die Restschuldversicherungen geht, sind fast abgeschlossen. Am kommenden Mittwoch will der Wirtschaftsausschuss letzte Hand an das Gesetz anlegen und dann zur Beschlussfassung im Bundestag vorlegen.