Newsbeitrag vom 04.03.2022

Einlagenabflüsse bei russischen Banken, Sberbank Europe ist Entschädigungsfall

Putins Invasion in die Ukraine verändert die Welt, auch den deutschen Einlagenmarkt. Es ist eine Entwicklung, die sich täglich zuspitzte und am 1.3.22 zur Feststellung des Einlagensicherungsfalls betreffend der Sberbank Europe AG führte. Die bisherige Auswirkung auf den deutschen Einlagenmarkt haben wir in diesem Beitrag zusammengefasst. Die europäischen Töchter der beiden größten Banken Russlands - Sberbank und VTB - standen bzw. stehen dabei besonders im Blickfeld. Sberbank und VTB befinden sich überwiegend in staatlichem Besitz. Seit Kriegsbeginn haben viele der deutschen Kunden ihre verfügbaren Gelder abgezogen, manche, weil sie um deren Sicherheit beunruhigt waren, andere, um ihren Protest auszudrücken, zumal die Gelder möglicherweise indirekt auch zur Kriegsfinanzierung dienen könnten.

Die Sanktionen, die von den USA, der EU und anderen westlichen Verbündeten beschlossen wurden, setzen den russischen Großbanken stark zu. Am 26.2.22 wurden gegen die russische Zentralbank weitere umfassende Finanzsanktionen vereinbart und ein Teilausschluss vom internationalen Zahlungssystem SWIFT. Ohne SWIFT sind die Banken daran gehindert, internationale Zahlungen vorzunehmen. Auf modern-banking haben wir Sberbank Direct und VTB Direktbank sowie weitere kleinere länderübergreifend anbietende Institute mit mehrheitlich russischen Eigentümern (FIBR und East West Direkt) daraufhin aus den Vergleichen genommen, aufgrund der Unsicherheiten und ebenso aus Solidarität zu den Menschen in der Ukraine. Andere namhafte Vergleichsportale haben sich ähnlich entschieden. Denkbar war etwa, dass die Verfügbarkeit von Tagesgeldern oder fälligen Festgeldern durch Sanktionen oder Reaktionen darauf eingeschränkt oder technisch unterbunden werden könnten. Die Sanktionen werden mittlerweile selbst von der neutralen Schweiz in Teilen mitgetragen und in großem Umfang hat die Wirtschaft Geschäftsbeziehungen zu Russland beendet.

Sberbank Europe darf Geschäft nicht fortführen

Homepage der Sberbank Direct: behördlich angeordnete Einstellung des Geschäftsbetriebs

Die Sberbank Europe AG hat ihren Sitz in Wien, sie ist eine europäische Tochtergesellschaft der russischen Sberbank. Laut Angaben des Bankenverbands hatte sie zuletzt rund 35.000 Kunden. Sie stammen fast ausschließlich aus Deutschland, denn mit ihrer Marke Sberbank Direct war die Frankfurter Zweigniederlassung der Sberbank Europe AG auf dem hiesigen Markt aktiv. Die Entschädigung ist von der Einlagensicherung AUSTRIA Ges.m.b.H zu erbringen, einer Einrichtung österreichischer Institute. Die Entschädigungseinrichtung deutscher Banken GmbH unterstützt im operativen Ablauf, sie wird die Kunden in Deutschland in den nächsten Tagen per Brief anschreiben und nach einer Bankverbindung für die Auszahlung fragen. Erstattet werden Einlagen bis EUR 100.000 je privatem Einleger, in bestimmten Sonderfällen gelten höhere Sicherungsgrenzen. Im Rahmen der Obergrenzen werden auch die bis zur Feststellung des Entschädigungsfalls aufgelaufenen Zinsen erstattet. Die österreichische Finanzaufsicht (FMA) hatte als national zuständige Behörde mit Beschluss vom 27.2.22 zunächst ein bis 1.3.22 befristetes Moratorium über die Sberbank Europe AG verhängt. Die Gelder sind seitdem eingefroren. Wegen der hohen Mittelabflüsse, die voraussichtlich anhalten würden, dürfte das Institut seine Verbindlichkeiten bei Fälligkeit nicht mehr decken können, so die Begründung. Die FMA handelte aufgrund der Entscheidungen und Anweisungen der EZB, denn die Sberbank Europe AG untersteht direkt der Aufsicht der EZB.

Sberbank Direct erhöhte unmittelbar nach der Nacht, in der der Angriffskrieg begann, ihre Festgeldzinsen, und am folgenden Tag gleich noch einmal auf ein weit über marktübliches Niveau. Damit wollte sie sich wappnen, renditesuchende Anleger überzeugen; letztlich verstärkte es die Vorbehalte gegen sie. Angeschrieben waren zuletzt für 12 Monate 1,00%, für 2 Jahre 1,20%, für 3 Jahre 1,40%, für 4, 5 sowie 6 Jahre 1,50%. Für den 28.2.22 hatte sie zudem angekündigt, ihren Tagesgeldzins sowohl für Guthabenteile bis EUR 250.000 als auch für Guthabenteile oberhalb von EUR 250.000 auf 0,50% anzuheben.

Bei der VTB Direktbank ist nach derzeitigem Stand kein Moratorium bekannt, die Gelder sind weiterhin zugänglich, wobei Transaktionen länger dauern als gewöhnlich und die Website zeitweise nicht erreichbar war. Die Abschlussmöglichkeit der Konten ist derzeit gestoppt. Auf ihrem Internetauftritt schreibt VTB Direktbank, dass es gerade ein erhöhtes Aufkommen an Kundenanfragen gebe und deshalb die Antwortzeiten länger seien als gewöhnlich. Sie beobachte die jüngsten Entwicklungen in der Welt mit großer Sorge. In einem weiteren Absatz weist sie auf die Einlagensicherung hin. Bei der VTB Direktbank ist der Sicherungsbetrag höher als bei Sberbank Direct, da hier neben der Zuordnung zur Entschädigungseinrichtung deutscher Banken GmbH eine freiwillige Mitgliedschaft im Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes deutscher Banken e. V. besteht. Die VTB Direktbank ist eine Marke der VTB Bank (Europe) SE, sie hat die Rechtsform einer europäischen Aktiengesellschaft und den Sitz in Frankfurt am Main, eine europäische Tochtergesellschaft der russischen VTB. Am 15.2.22 hatte VTB Direktbank ihr Festgeldangebot erhöht, für 2 Jahre auf 0,45% (vorher 0,15%) und für 3 Jahre auf 0,60% (vorher 0,30%). Auch nahm sie die 12-monatige Laufzeit zu 0,30% ins Programm. Bei bereits bestehenden Festgeldanlagen ist der Anleger in der Regel an die feste Laufzeit gebunden, sofern er nicht unter eine Ausnahmeregelung fällt. Wer den Sparplan "VTB Flex" mit für die heutigen Zeiten sehr attraktivem Zins hat, konnte seit Längerem ohne Vorschusszinsen vorzeitig verfügen, weil es in der Niedrigzinsphase für die VTB Direktbank besser war, wenn sich der Bestand in diesem Altprodukt verringerte. Die Möglichkeit, vorzeitig zu verfügen, selbst gegen Zahlung von Vorschusszinsen, hat die VTB Direktbank nun aber beendet, momentan besteht sie nicht. Die jeweils zuständigen Finanzaufsichten haben laut einem Handelsblatt-Artikel ihre Überwachung intensiviert, um sicherzustellen, dass die EU-Töchter keine Finanzmittel nach Russland transferieren. Die Prüfung vor der Ausführung ist dem Vernehmen nach auch der Grund, warum viele der in den vergangenen Tagen bei Sberbank Direct und VTB Direktbank getätigten Überweisungen, die den Kunden schon als abgebucht angezeigt werden, noch nicht angekommen bzw. noch nicht vom eingerichteten Zwischenkonto zurückgekommen sind. Die bei der VTB Bank (Europe) SE zuständige deutsche Finanzaufsicht BaFin hat bereits im Herbst vergangenen Jahres einen Sonderbeauftragten zur Geldwäscheprävention bei ihr installiert.