Newsbeitrag vom 27.05.2008

Bund konkurriert mit Tagesgeldkonten der Banken um Anlagegelder

Erstmals seit rund 30 Jahren wird das Angebot an Bundeswertpapieren erweitert. Privatanleger können ab 1.7.08 mit der "Tagesanleihe" ein neues tagesgeldähnliches Wertpapier des Bundes über die mit der Schuldenverwaltung beauftragte Finanzagentur kaufen. Durch die Anleihen bei Bürgern könne die Bundesschuld günstiger finanziert werden als durch Kredite bei Banken. Bis 2013 solle der Anteil von Privatgeldern an der Kreditaufnahme des Bundes zwischen drei und fünf Prozent betragen, derzeit liege er bei rund 1,7 Prozent.

Der Zinssatz der mündelsicheren Tagesgeldanleihe orientiert sich am Geldmarktsatz EONIA ("Euro OverNight Index Average"), einem Durchschnittszinssatz für auf Euro lautende Übernachtausleihungen unter Banken, der sich im Normalfall um den Leitzins der Europäischen Zentralbank (EZB) bewegt. An den Anleger wird dieser EONIA-Satz in der Regel in Höhe von 92,50% weitergegeben. Bei einem EONIA-Satz von derzeit rund 4,00% entspräche dies einer Verzinsung von 3,70%. Sonderregeln gelten für die Fälle, in denen der EONIA-Satz über 6 Prozent steigt oder unter 2 Prozent fällt. Über 6 Prozent beträgt der Zinsabschlag pauschal 0,45%, unter 2 Prozent beträgt der Zinsabschlag pauschal 0,15% (bei dem unwahrscheinlichen Fall eines EONIA-Satzes unter 0,15% würden Anleger überhaupt keine Zinsen erhalten). Der Zinssatz wird täglich angepasst und durch eine stetige Erhöhung des Wertpapierkurses täglich gutgeschrieben - auch an Wochenenden. Einmal jährlich werden die aufgelaufenen Zinsen dann in neue Anteile an der Tagesanleihe umgewandelt. 2007 lag der durchschnittliche Tageszinssatz laut Finanzagentur bei rund 3,57%, der Zinseszinseffekt durch die tägliche Zinsgutschrift hätte die Gesamtrendite auf 3,69% gehoben.

Die Anleihe kann ausschließlich über die Finanzagentur (Internetseite: tagesanleihe.de) erworben werden. Gebühren fallen dabei nicht an, das sogenannte Schuldbuchkonto wird kostenlos geführt. Die Finanzagentur tritt wie eine Direktbank auf und ermöglicht die Kontoführung per Internet und Telefon. Die Mindestanlage beträgt EUR 50,00. Je Bankgeschäftstag können Anleger maximal für EUR 250.000 Tagesanleihen kaufen oder im Nennwert von 1 Million Euro verkaufen.

Der deutsche Staat konkurriert durch das Angebot mit Geldmarktfonds und den Tagesgeldkonten von Banken. Gegenüber Geldmarktfonds liegt der Vorteil bei der Gebührenfreiheit, zudem ist bei der Tagesanleihe das Kursrisiko ausgeschlossen. Man liegt über den 3,25% an Tagesgeldzinsen der kundenstarken Direktbank ING-DiBa, aber weit unterhalb von mehreren Hochzinsangeboten. Von Filialinstituten wie Sparkassen und Volksbanken wird eine Tagesgeldverzinsung in ähnlicher Höhe selten erreicht, daher kann die Tagesanleihe für deren Bankkunden eine Option sein, insbesondere wenn diese nicht regelmäßig nach den besten Anlageplätzen suchen möchten. Der EONIA-Geldmarktsatz als Referenzzinssatz dürfte der Öffentlichkeit aber nicht so geläufig sein, wie es beispielsweise der EZB-Leitzins ist, an den die GE Money Bank die Verzinsung bei TagesgeldFlex koppelt. Und nicht zuletzt machen die Sonderregelungen bei der Zinszahlung das Produkt des Bundes kompliziert.