Newsbeitrag vom 18.09.2014

DEGIRO will über den Preis länderübergreifend als Online-Broker überzeugen

Heute schaltete DEGIRO seine Handelsplattform auch für den deutschen Markt frei. Das Geschäftsmodell wird rasend schnell innerhalb Europas exportiert, zuletzt im Wochentakt. Der Anbieter stammt und führt das Geschäft aus den Niederlanden. Das Hauptargument von DEGIRO sind extrem niedrige Orderpreise. Aktien ordern über Xetra Frankfurt kostet für die Kunden in Deutschland EUR 2,00 Grundgebühr plus 0,008% vom Kurswert. In der Summe ergibt sich bei EUR 2.000 Ordervolumen beispielsweise eine Gebühr von EUR 2,16 - ein Bruchteil von dem, was die etablierte Konkurrenz nimmt. Maximal werden für Aktienorders auf Xetra Frankfurt EUR 30,00 verrechnet. Das Frankfurter Parkett ist mit EUR 7,50 Grundgebühr plus 0,08% vom Kurswert teurer. An den deutschen Regionalbörsen kann nicht gehandelt werden. Der Handel an Auslandsbörsen ist wiederum verlockend: Im wichtigen US-Handel geht es runter in den Cent-Bereich, hier würde ein Kauf von Google-Aktien über EUR 2.000 gerade einmal 52 Cent kosten (EUR 0,50 plus USD 0,004 je Aktie). Unglaublich billig. Aber DEGIRO wird Interessenten viele Fragen beantworten müssen. Das fängt damit an, dass DEGIRO gar keine Bank ist, sondern eine Investmentfirma. Welcher Bankpartner die Wertpapierabwicklung übernimmt, geht aus den DEGIRO-Internetauftritten nicht hervor. Auf Anfrage wurde uns mitgeteilt, dass ABN Amro und Morgan Stanley die Abwicklungspartner sind. Gelder, die nicht in Wertpapieren investiert sind, liegen nicht wie gewöhnlich auf einem Depot-Verrechnungskonto, sondern werden von DEGIRO automatisch in einem Geldmarktfonds geparkt, im "FundShare Cash Fund". Gemäß Verkaufsprospekt ist das Ziel des Fonds, eine Rendite ähnlich dem Interbanken-Zinssatz EONIA abzüglich 0,25% zu erzielen, oder von null, sofern EONIA unter 0,25% ist. DEGIRO wählte die Lösung über das gesondert verwahrte Fondsvermögen wegen des Fehlens einer Banklizenz, was die Annahme von Einlagen verbietet und weshalb keine Einlagensicherung schützt. Die Wertpapiere der Kunden verleiht DEGIRO, um Erlöse zu erzielen. In den umfangreichen Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist das auf Seite 19 erkennbar. Für entliehene Wertpapiere werden zwar Sicherheiten hereingenommen, aber Ausfälle bei Insolvenz der Gegenpartei sind dennoch nicht ganz auszuschließen. Das Entleihen trägt dazu bei, dass DEGIRO diese Preise machen kann. Falls der Kunde es verbietet, gilt ein anderes, das "Custody"-Preismodell. Nebenleistungen wie die Bearbeitung von Dividendengutschriften und Kapitalmaßnamen kosten hier extra und der Handel in Optionen und Futures ist unterbunden. Als wären die vorgenannten Punkte noch nicht abschreckend genug, muss man sich im Klaren darüber sein, dass man für die Versteuerung der Kapitalerträge selbst verantwortlich ist. Als ausländischer Anbieter führt DEGIRO nämlich die Abgeltungssteuer nicht ab, stellt zumindest aber eine Aufstellung zur Verfügung für die dann notwendige Steuererklärung zu den Kapitalerträgen. Für Wertpapiere ist es in der Regel komplizierter als bei Zinskonten, die Erträge exakt zu ermitteln und gegebenenfalls mit realisierten Verlusten zu verrechnen. Bei der Depoteröffnung wird statt eines PostIdents eine abgeleitete Identifizierung vorgenommen, anhand einer Überweisung vom Bankkonto des Antragsstellers. Bei der Finanzaufsicht ist die niederländische Finanzmarktaufsichtsbehörde zuständig. Wer Fonds über die Fondsgesellschaft handeln möchte, ist mit DEGIRO nicht gut bedient, denn neben dem Ausgabeaufschlag werden Orderpreise bei Kauf und Verkauf verlangt sowie eine jährliche Servicegebühr. Der Geldmarktfonds, der das Verrechnungskonto ersetzen soll, ist davon ausgenommen. Außer für die Fonds und für die Wertpapiere, die an einigen exotischen Börsen gekauft werden, fallen keine Service- bzw. Kontoführungs-/Depotgebühren an. Beim Standard-Preismodell sind Dividendengutschriften nicht mit Preisen belegt. Aber für ein- und ausgehende Depotüberträge sind bei DEGIRO EUR 25,00 pro Position zu zahlen, innerhalb Deutschlands wäre eine solche Gebühr bei ausgehenden Überträgen und gleichzeitiger Depotauflösung unzulässig.

DEGIRO wurde 2008 von fünf ehemaligen Angestellten des niederländischen Marktführers Binck gegründet. Ursprünglich auf professionelle Anleger ausgelegt, ist die Handelsplattform seit September 2013 auch Privatanlegern zugänglich. Das Unternehmen zählt derzeit etwa 20.000 Kunden in den Niederlanden. Um die deutschen und österreichischen Kunden zu betreuen, wurden Mitarbeiter in Amsterdam eingestellt. Daneben besteht ein weiteres Call-Center in Sofia. DEGIRO ist inzwischen auch in Belgien (Start 10.4.14), Frankreich (Start 10.4.14), Tschechien (Start 20.8.14), Österreich (Start 27.8.14), Polen (Start 3.9.14) und Spanien (Start 10.9.14). Der Aufbau der Internetauftritte und viele der Preise sind in den einzelnen Märkten identisch, lediglich die Texte wurden übersetzt und angepasst.