Newsbeitrag vom 17.08.2015

Rechtsanspruch auf Girokonto kommt

Einige Menschen sind von vielen ganz normalen Alltagsvorgängen ausgeschlossen, weil sie kein Konto bekommen. Demnächst dürfen Banken niemanden mehr abweisen, der bei ihnen ein einfaches Girokonto eröffnen will. Die Bundesregierung arbeitet derzeit an einem Entwurf für ein entsprechendes Gesetz, mit dem zum Teil auch EU-Vorgaben umgesetzt werden sollen. Auch Menschen, die obdachlos, verschuldet oder nach dem deutschen Aufenthaltsrecht nur geduldet sind, erhalten dadurch einen einklagbaren Anspruch, bei einer Bank ihrer Wahl ein sogenanntes Basiskonto zu eröffnen. Voraussetzung ist lediglich, dass sich die Person legal in der EU aufhält. Auch in anderen EU-Mitgliedstaaten soll die Kontoeröffnung ermöglicht werden. Die abschließenden Beratungen in Bundestag und Bundesrat werden für Anfang 2016 erwartet, das Gesetz soll im September 2016 in Kraft treten. Mit dem Basiskonto ist der Kunde vor allem in der Lage, am bargeldlosen Zahlungsverkehr teilzunehmen; das bedeutet, er kann Überweisungen erhalten und selbst tätigen. Er erhält eine Bankkarte und kann am Geldautomaten abheben, sein Konto aber nicht überziehen. Dadurch ist das Thema Bankverbindung unter anderem bei der Arbeitsplatz- oder Wohnungssuche keine Hürde mehr, und auch die Behörden profitieren, wenn Sozialleistungen nicht bar ausgezahlt werden müssen. Das Konto muss nicht kostenlos sein, der Entwurf sagt momentan, die Kosten dürfen angemessen sein, was unbestimmt formuliert ist. Bislang landeten Menschen, die für die privaten Banken wirtschaftlich uninteressant waren, vor allem bei Sparkassen und Volksbanken. Die Sparkassen unterliegen in neun Bundesländern über die Landessparkassengesetze der Verpflichtung, ein sogenanntes Jedermann-Konto anzubieten. Ansonsten besteht seit 1995 zum Jedermann-Konto lediglich eine freiwillige Selbstverpflichtung der Kreditwirtschaft in Deutschland. Das hat in der Praxis nicht funktioniert. Die Möglichkeit der Banken, Personen ein Konto zu verweigern, weil sie in der Filiale randalieren oder gegenüber Mitarbeitern handgreiflich werden, bleibt von dem Gesetzesvorhaben unberührt. In den letzten Monaten sprachen einzelne Institute auffällig häufig Kontokündigungen aus, zu einem großen Teil aus rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten, auf diese Vertragsfreiheit wirkt sich das Gesetz ebenfalls kaum aus, weil das Basiskonto wohl in den meisten Fällen ein weiteres Kontomodell in der Produktpalette sein wird. Durch die Umstellung auf ein Basiskonto könnte der Betroffene sich hier zumindest Zeit für die Neuorientierung verschaffen. Eine Adresse, die nach dem Geldwäschegesetz vorgeschrieben ist, kann nicht jeder vorweisen. Ein wichtiger Punkt ist daher, dass gleichzeitig die Ausweispflicht bei der Kontoeröffnung gelockert werden soll, damit die fehlende feste Wohnsitzadresse kein Hinderungsgrund mehr ist, ein Konto zu eröffnen. Bei der Umsetzung des Gesetzes zum Pfändungsschutzkonto konnte man beobachten, dass die Banken Lücken gesucht haben, um wenige solcher Konten führen zu müssen. Es wurden Restriktionen bei der Kontoführung aufgebaut und Abwehrkonditionen veranschlagt. Deshalb sind genaue gesetzliche Vorgaben zum Basiskonto entscheidend.

Der Entwurf schreibt den Banken vor, was sie tun müssen, damit ein Umzug des Girokontos zu einer anderen Bank möglichst einfach zu bewerkstelligen ist. Wenn der Kontowechsel sich innerhalb des Landes vollzieht, muss die neue Bank binnen fünf Tagen den Umzug organisieren, Daueraufträge übernehmen sowie Arbeitgeber und Lastschriftempfänger informieren. Die alte Bank hat dazu die Kontoinformationen der letzten 13 Monate zur Verfügung zu stellen. Ein weiteres Ziel ist, die Gebühren vergleichbarer zu machen. Die Banken müssen die anfallenden Gebühren künftig klarer ausweisen. Deren Bezeichnungen sollen für Laien verständlich sein, vereinheitlicht werden und in einem Übersichtsblatt müssen die wichtigsten Kosten zum Konto aufgelistet sein. Welche Begriffe vereinheitlicht werden und welche Kosten auf das Übersichtsblatt kommen, müsse allerdings noch auf europäischer Ebene abgestimmt werden. Webseiten, auf denen Verbraucher die Konditionen verschiedener Anbieter vergleichen, sollen von staatlicher Seite ein Zertifikat erhalten können, wenn sie bestimmte Standards erfüllen. Dazu gehört beispielsweise, dass sie nicht nur die Gebühren gegenüberstellen, sondern auch erwähnen, über wie viele Filialen und Geldautomaten die jeweilige Bank verfügt.