Newsbeitrag vom 19.08.2016

Postbank schafft Gratis-Konto für die Mittelschicht ab

Eine deutliche Mehrheit der 5,3 Millionen Girokunden der Postbank wird ab 1.11.16 erstmals Kontoführungsgebühren zahlen müssen. Denn Deutschlands größte Privatkundenbank ändert ihre Girokontenmodelle für Privatkunden, das kündigte sie heute an. Grund ist, dass sich die Kosten für die Bereitstellung der Girokonten kaum noch wie früher aus Zinserträgen querfinanzieren lassen. Beim "Giro plus", dem Hauptprodukt der von ihr angebotenen Girokonten, schafft die Postbank die Regelung zur kostenlosen Kontoführung bei monatlichem Geldeingang von mindestens EUR 1.000 ab, ersetzt sie durch eine generelle Monatspauschale von EUR 3,90. Billiger wird es dadurch aber für diejenigen, die diese Betragsgrenze nicht erreichten, sie mussten bislang EUR 5,90 bezahlen. Teurer die Kreditkarten, für die Visa Card Classic und die Visa Card Prepaid werden EUR 29,00 (bisher EUR 22,00) im Jahr fällig. Zwar führt die Postbank ein weiteres, günstigeres Girokontomodell ein, das "Giro direkt", aber auch das nicht ohne Monatspauschale. Das Giro direkt für EUR 1,90 im Monat eignet sich für Personen, die ihr Konto ausschließlich online, über das computergestützte Telefonbanking oder die Selbstbedienungsterminals führen. Es ist nur als Einzelkonto erhältlich, nicht als Gemeinschaftskonto. Gegenüber dem Giro plus sind mehr Serviceleistungen bepreist, die Personal beanspruchen: Wer beim Telefonbanking die Überweisung statt über den Sprachcomputer über einen Mitarbeiter beauftragt, bezahlt dafür EUR 1,50. Ebenso viel kostet auch die Auszahlung von Bargeld am Schalter. Und für das Ausdrucken eines Kontoauszugs am Kontoauszugsdrucker werden 50 Cent belastet. Einige werden sich jetzt umorientieren, innerhalb der Postbank das Kontomodell zu wechseln, ist dabei die einfachste Alternative. Infrage kommt auch das Premium-Konto "Giro extra plus", das künftig bereits ab EUR 3.000 statt EUR 4.000 bargeldlosem Geldeingang gratis ist und die Visa Card beitragsfrei enthält. Es werden übrigens dabei alle Zahlungseingänge, die pro Monat auf ein Konto eingehen, zusammengerechnet, Bareinzahlungen und Umbuchungen von Postbank-Tagesgeldkonten aber nicht berücksichtigt. Unterhalb der Betragsgrenze wird dieses Konto EUR 9,90 kosten. Für junge Leute bis einschließlich 21 Jahre bleibt die Kontoführung durch das "Giro start direkt" gebührenfrei. Studenten, die älter als 21 Jahre sind, bekommen die Sonderkonditionen jedoch nicht mehr. Unter www.postbank.de/kontowelt hat die Postbank ausführliche Informationen zu den neuen Konditionen bereitgestellt. Die Postbank wird alle betroffenen Kunden in den nächsten Wochen per Brief informieren. Natürlich besteht ein Widerspruchsrecht. Widerspricht der Kunde den neuen Entgelten jedoch, führe das letztlich bedauerlicherweise dazu, dass die Bank das Konto kündigen wird. Der Weg, das Kontomodell innerhalb der Postbank zu wechseln, ist unterschiedlich. Zum Giro direkt geht es über das Online-Banking, man braucht die sogenannte Postbank-ID, muss diese gegebenenfalls zuerst im Online-Banking unter "Einstellungen" einrichten. Die eigentliche Kontoumstellung ist in der Rubrik "Service" möglich. Für den Wechsel zum Giro extra plus gibt es hingegen ein Formular, das heruntergeladen und unterschrieben eingesendet werden soll.

In vielen Aktionen hatte die Postbank das Giro plus mit dem Versprechen der dauerhaft kostenlosen Kontenführung beworben, meist zu besonderen Bedingungen über Kooperationspartner wie Buhl, HUK24 und Tchibo. Die geänderten Konditionen sollen dennoch für alle gelten. Der Einwand war absehbar und die Postbank antwortete auf ihn vorab in den FAQ, dass zum Zeitpunkt des Abschlusses ein anderes Preismodell gegolten und sich der Bankenmarkt verändert habe. Im Anschluss zählt sie viele Leistungen auf, von denen der Kunde weiterhin profitiere. Das ist gleichzeitig die Argumentationsstrategie, mit der sie generell die Entgeltänderung rechtfertigt. Inzwischen hat die Postbank in den FAQ zumindest zugestanden, dass der Widerspruch erfolgversprechend ist, wenn das Konto über Tchibo zustande gekommen war. Diese Minderheit muss aber dennoch protestieren - der Widerspruch soll mit dem Vermerk "Tchibo" eingereicht werden.

Im März dieses Jahres hatte der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands, Georg Fahrenschon, die Sparkassenkunden auf höhere Gebühren eingestellt. "Die Zeit der kostenfreien Girokonten ist vorbei", äußerte er sich und trat damit eine Lawine los. Aus dem Lager der Genossenschaftsbanken war Ähnliches zu hören. Seitdem haben einige der regionalen Institute ihre Kontomodelle umgestellt, und auch die HypoVereinsbank und die Targobank. Häufiger als die Monatspauschale wurden aber einzelne Postenpreise erhöht oder eingeführt. Mehr Spielraum haben offenbar noch die Direktbanken, die DKB startete eine TV-Kampagne mit der Aussage, ihr Girokonto ist und bleibt kostenlos.