Newsbeitrag vom 18.12.2019

flatex kauft DEGIRO

Der Online-Broker flatex kündigte am Montag an, den niederländischen Konkurrenten DEGIRO für 250 Millionen Euro zu übernehmen. Die Transaktion wird demnach vom DEGIRO-Management vollumfänglich unterstützt. Der Kaufpreis soll größtenteils mit eigenen Aktien bezahlt werden. Dafür ist eine Kapitalerhöhung um 190 Millionen Euro geplant, die neu geschaffenen Aktien sollen an die jetzigen DEGIRO-Gesellschafter gehen. Die Neuaktionäre werden zusammen so ein gutes Viertel am gemeinsamen Unternehmen erhalten. 60 Millionen Euro bezahlt flatex bar. Mit dem Unterzeichnen des Kaufvertrags hat sich flatex bereits 9,4 Prozent der Anteile an DEGIRO gesichert, der Erwerb der restlichen Anteile steht noch unter dem Vorbehalt der Genehmigung durch die Behörden. flatex rechnet damit, Anfang des zweiten Quartals 2020 die Transaktion juristisch abschließen zu können.

Der Deal kam für viele überraschend. Im Juli hatte die damals noch als FinTech Group firmierende flatex AG, das ist die flatex übergeordnete Holding, bekannt gegeben, gemeinsam mit der Investmentbank Lazard strategische Optionen bezüglich ihrer zukünftigen Ausrichtung zu prüfen. Auch der Unternehmensverkauf im Ganzen oder in Teilen zählte zu den Optionen. Angeblich lagen viele Kaufangebote auf dem Tisch. Nun ist es jedoch anders gekommen. flatex entschied sich letztlich, bei der sich abzeichnenden Konsolidierungswelle unter den Online-Brokern eine aktive, weiterhin selbstbestimmte Rolle einzunehmen. Durch den Zusammenschluss, das Skalieren und Internationalisieren des Geschäftsmodells, sieht sich flatex gut gewappnet. Es werde ermöglichen, die Stückkosten für das Abwickeln von Wertpapiertransaktionen weiter zu drücken und mit der größeren Marktmacht gegenüber Emittenten bzw. Handelsplätzen höhere Provisionsanteile durchzusetzen.

Das Duo flatex/DEGIRO ergänzt sich in vielen Punkten: flatex war lange ausschließlich auf Deutschland und Österreich fokussiert und hatte gerade erst begonnen, in weitere Länder zu gehen. Kürzlich als Gratisbroker in den Niederlanden gestartet, war davon die Rede, als Gratisbroker auch nach Frankreich, Italien und Schweden zu expandieren. Dies könnte mit dem jetzigen Deal hinfällig geworden sein. DEGIRO ist bereits in 18 europäischen Ländern - der erste erfolgreiche europaweite Online-Broker. Er begann im Jahr 2013 und rollte seine Plattform in schneller Taktung auf weitere Märkte aus, wobei man dazusagen muss, dass Depots in den Niederlanden geführt werden und mehr oder weniger nur die Websites in der jeweiligen Landessprache aufgesetzt wurden. Gemessen an den von den Unternehmen angegebenen Zahlen ist DEGIRO mit fast 500.000 Kunden größer als flatex mit 300.000 Kunden, allerdings erzielt flatex die höheren Vorsteuergewinne.

DEGIRO kann bestimmte Finanzdienstleistungen nicht unmittelbar selbst anbieten. In seiner Pressemitteilung erwähnt DEGIRO offen, dass der Fokus stark auf Wachstum gelegen habe und man bei "Governance und Compliance hinterherhinkte". Nachdem die niederländische Aufsichtsbehörde die Probleme beanstandet hatte, wurde "das Team um mehr erfahrene Führungskräfte erweitert". Ins Bild passt da beispielsweise auch, dass das Handelsgericht in Wien diverse Klauseln in den Geschäftsbedingungen von DEGIRO für unzulässig erklärte. Um den Anforderungen zu entsprechen, ist eine Banklizenz hilfreich, vielleicht sogar die Rettung. Die flatex Bank mit ihrer Banklizenz soll künftig auch für DEGIRO das Regulatorische übernehmen. Frank Niehage, Chef der flatex AG, will beide Firmen und Marken, DEGIRO sowie flatex, innerhalb der Gruppe fortführen. "In Deutschland und Österreich ist der Name flatex bekannter, im europäischen Ausland DEGIRO. Es wäre schädlich, eine der beiden Marken aufzugeben", sagte er.