Newsbeitrag vom 04.03.2021

Greensill Bank könnte Entschädigungsfall sein

Wegen drohender Überschuldung der Greensill Bank in Bremen verhängte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) am Nachmittag des 3.3.21 ein sogenanntes Moratorium. Sie stoppte vorerst jegliche Aus- und Einzahlungen. Die Bank darf lediglich noch Zahlungen entgegennehmen, die zur Tilgung von Schulden ihr gegenüber bestimmt sind. In der Zeit, in der die Geschäfte eingefroren sind, wird die BaFin die Vermögenslage durchleuchten. Die Greensill Bank könne nicht nachweisen, dass bestimmte Forderungen existieren, die sie von der GFG Alliance Group angekauft hat, heißt es in einer Pressemitteilung der BaFin. Die Bremer Staatsanwaltschaft gab bekannt, dass die BaFin obendrein eine Strafanzeige im Zusammenhang mit der Greensill Bank stellte, dem Vernehmen nach wegen des Verdachts auf Bilanzmanipulation. Die Greensill Bank steht schon länger im Visier der BaFin, bereits im vergangenen Sommer prüfte sie dort, weil eine riskante Konzentration an Geschäften mit dem Firmengeflecht des Stahlunternehmers Sanjeev Gupta vorliegen soll. Gupta hat sich ein Imperium aus maroden Stahlwerken zusammengekauft, in seinen Wirkungskreis fällt auch die besagte GFG Alliance Group.

Information über Moratorium

Hinweis per E-Mail auf eine Nachricht im eingeloggten Bereich. Die Zinsplattformen informieren über solche Ereignisse in der Regel ausschließlich die jeweils betroffenen Kunden.

Zeitweise bot die Greensill Bank im Marktvergleich sehr attraktive Festgeldzinsen, sowohl über ihren eigenen Internetauftritt als auch über die beiden Zinsplattformen WeltSparen und Zinspilot. Da es eine Bank mit Sitz in Deutschland ist und eine deutsche Einlagensicherung besteht, wurden die Angebote auch rege wahrgenommen. 3,26 Milliarden Euro war der Einlagenbestand zum 31.12.19 laut dem jüngsten verfügbaren Geschäftsbericht für das Jahr 2019. Insbesondere in den letzten zwei Jahren sind die Kundeneinlagen signifikant gewachsen, allein von Ende 2018 bis Ende 2019 um den Faktor 5,6. Im Oktober vergangenen Jahres startete Greensill Bank dann noch mit einem tagesgeldähnlichen Angebot über Zinspilot, diese Konten haben dort den Namen "Flexgeld24"; anfangs waren 0,40% ausgelobt, in mehreren Schritten in kurzer Folge wurde auf 0,03% verringert. Am 2.3.21, am Vortag des Moratoriums, setzte Greensill Bank alle Festgeldangebote auf null, und auf WeltSparen und Zinspilot verschwanden ihre Angebote.

Die Greensill Bank ist der Entschädigungseinrichtung deutscher Banken GmbH zugeordnet und sie gehört dem freiwilligen Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes deutscher Banken e. V. an. Die Kundeneinlagen sind deshalb umfassend geschützt - bis EUR 100.000 je Einleger durch die gesetzlich geregelte Einlagensicherung der Entschädigungseinrichtung und über diesen Betrag hinaus über die freiwillige Einlagensicherung bis 74 Millionen Euro je Einleger. Zu einer Entschädigung kommt es, wenn die BaFin den Entschädigungsfall förmlich feststellen sollte, sie die Bank nicht in der Lage sieht, die Einlagen selbst zurückzuzahlen. Der Entschädigungsfall tritt auch ohne die Feststellung ein, wenn ein Moratorium länger als sechs Wochen andauert. Daraufhin wird sich der Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes deutscher Banken unaufgefordert auch im Namen der Entschädigungseinrichtung mit den geschützten Einlegern in Verbindung setzen und die Bankverbindung erfragen, um an diese innerhalb von sieben Werktagen zu überweisen. Für die Einlagensicherung würde die Greensill Bank eindeutig zu den größeren Fällen zählen. Für den hiesigen Privatbankensektor wäre der Entschädigungsfall ärgerlich, denn so würde ein großer Teil des Schadens aus diesem internationalen Konstrukt an ihm hängen bleiben. Aus Sicht der Anleger kämen die angelegten Festgelder ein weiteres Mal früher zurück als ursprünglich festgelegt. Und bezüglich der aufgelaufenen Zinsen ist zu beachten, dass für die Zinsen, die über die Einlagensicherung ausgezahlt werden, weder durch die Bank noch durch die Einlagensicherung ein Kapitalertragsteuerabzug stattfindet. Die Anleger müssen die Zinsen gegebenenfalls im Rahmen der Steuererklärung versteuern.

Die Bank gehört zum britisch-australischen Finanzunternehmen Greensill Capital, das sich ebenfalls in Existenznot befinden soll und nun nach einem Käufer sucht. Greensill Capital ist 2013 bei der NordFinanz Bank eingestiegen, baute ihren Anteil 2014 zur Mehrheitsbeteiligung aus und benannte die Bank um. Die Greensill Bank ist geschäftlich eng verflochten mit Greensill Capital, sie ist als reguliertes deutsches Bankinstitut ihr Refinanzierer. Das Geschäft der Bank ist das Factoring für Industrieunternehmen, zum Beispiel kaufte sie Lieferanten-Forderungen von Stahlwerken an, garantierte diesen damit den Zahlungseingang. Die Forderungen verpackte sie in Schuldverschreibungen und reichte sie an Wertpapieranleger weiter, etwa über Investmentfonds der Schweizer Großbank Credit Suisse und der Schweizer Fondsgesellschaft GAM. Auslöser der Schieflage war eine drastische Maßnahme der Credit Suisse zu Beginn dieser Woche: Sie setzte am 1.3.21 die Rücknahme mehrerer Fonds aus, weil sie befürchtet, die Forderungen könnten weniger wert sein. Danach teilte GAM mit, ihre Beziehung mit Greensill Capital zu beenden.

Neben den Fonds spielten die beiden Zinsplattformen WeltSparen und Zinspilot eine wichtige Rolle für die Greensill Bank, sie haben Festgelder im Volumen von hunderten Millionen dorthin vermittelt. Auf den Plattformen befinden sich, das zeigt sich immer deutlicher, etliche schwächelnde Banken. Die Prämie für das Risiko ist gerade einmal ein paar zehntel Prozentpunkte mehr Zins. Ohne den EU-weit gesetzlich geregelten Einlagenschutz würde das Geschäftsmodell der Zinsplattformen nicht funktionieren. Zinsanleger müssen somit dort wohl gehäuft damit rechnen, dass es zum Entschädigungsfall kommen kann, deshalb ist die Länderauswahl bzw. wer die Einlagen sichert ein entscheidendes Kriterium. Im Falle einer deutschen Einlagensicherung dürfte es noch mal glimpflich ausgehen. Finanz-Szene.de schreibt, Gupta baute auf ein Netz von kleineren Banken, die ihm selbst oder Vertrauten gehörten. So zähle auch die britische Wyelands Bank und die rumänische BRCI zu diesem Netz. Die Wyelands Bank war bis Ende 2020 auf WeltSparen und BRCI ist seit Juli auf Zinspilot.