Newsbeitrag vom 27.02.2022

Wie mit Einlagen bei russischen Banken umgehen?

Update: Am 1.3.22 wurde betreffend der Sberbank Europe AG der Einlagensicherungsfall offiziell festgestellt. Die Entschädigung ist von der Einlagensicherung AUSTRIA Ges.m.b.H zu erbringen, einer Einrichtung österreichischer Institute. Die Entschädigungseinrichtung deutscher Banken GmbH unterstützt im operativen Ablauf, sie wird die Kunden in Deutschland in den nächsten Tagen per Brief anschreiben zur Angabe einer Bankverbindung für die Auszahlung. Die österreichische Finanzaufsicht (FMA) hatte als national zuständige Behörde mit Beschluss vom 27.2.22 zunächst ein bis 1.3.22 befristetes Moratorium über die Sberbank Europe AG verhängt. Die Gelder sind seit der Nacht auf Montag eingefroren. Wegen der hohen Mittelabflüsse, die voraussichtlich anhalten würden, dürfte das Institut seine Verbindlichkeiten bei Fälligkeit nicht mehr decken können, so die Begründung. Die FMA handelte aufgrund der Entscheidungen und Anweisungen der EZB, denn die Sberbank Europe AG untersteht direkt der Aufsicht der EZB.

Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine verändert die Welt, auch den deutschen Einlagenmarkt: Die europäischen Töchter der beiden größten Banken Russlands - Sberbank und VTB - stehen seit einigen Tagen zunehmend im Blickfeld. Sberbank und VTB befinden sich überwiegend in staatlichem Besitz. Ihre europäischen Töchter galten bislang als sicher. Seit Kriegsbeginn sind die Kunden beunruhigt, viele haben ihre verfügbaren Gelder abgezogen. Die Sanktionen, die von den USA, anderen westlichen Verbündeten und am Donnerstagabend von der EU beschlossen wurden, könnten den russischen Großbanken stark zusetzen und auch das Einlagengeschäft in Europa betreffen. Am Samstag wurden gegen die russische Zentralbank weitere umfassende Finanzsanktionen vereinbart und ein Teilausschluss vom internationalen Zahlungssystem SWIFT. Ohne SWIFT sind die Banken daran gehindert, internationale Zahlungen vorzunehmen. Auf modern-banking haben wir Sberbank Direct und VTB Direktbank aus den Vergleichen genommen, aufgrund der derzeitigen Unsicherheiten und ebenso aus Solidarität zu den Menschen in der Ukraine.

Sberbank Direct ging parallel zu der Entwicklung, die sich täglich zuspitzte, mit ihren Zinsangeboten auf ein weit über marktübliches Niveau. Manchen Interessenten bringt das dazu, die Unsicherheiten in Kauf nehmen zu wollen. Bei den Festgeldzinsen erhöhte Sberbank Direct unmittelbar nach der Nacht, in der der Angriffskrieg begann. Und am folgenden Tag gleich noch einmal. Angeschrieben sind nun für 12 Monate 1,00% (vorher 0,30%, dann kurzzeitig 0,50%), für 2 Jahre 1,20% (vorher 0,35%, dann kurzzeitig 0,50%), für 3 Jahre 1,40% (vorher 0,40%, dann kurzzeitig 0,55%), für 4 Jahre 1,50% (vorher 0,45%, dann kurzzeitig 0,55%), für 5 Jahre 1,50% (vorher 0,50%, dann kurzzeitig 0,60%) und für 6 Jahre ebenfalls 1,50% (vorher 0,55%, dann kurzzeitig 0,60%). Für den 28.2.22 kündigte sie zudem an, ihren Tagesgeldzins sowohl für Guthabenteile bis EUR 250.000 als auch für Guthabenteile oberhalb von EUR 250.000 auf 0,50% anzuheben. Die Einlagensicherung gilt allerdings nur bis EUR 100.000 je privatem Einleger. Sberbank Direct ist eine Marke der Frankfurter Zweigniederlassung der Sberbank Europe AG, welche ihr Hauptquartier in Wien hat und eine europäische Tochtergesellschaft der russischen Sberbank ist. Zuletzt hatte das Institut rund 35.000 Kunden, sie stammen fast ausschließlich aus Deutschland. In einer aktuellen Information auf ihrem Internetauftritt drückt die Bank ihr Verständnis für die Verunsicherung der Kunden aus, Sberbank Direct gehe es nicht anders. Die telefonische Erreichbarkeit weitete sie aus, sodass sie auch an diesem Wochenende erreichbar war. Zu den neuen Sanktionen betreffend SWIFT schreibt sie, die möglichen Auswirkungen auf die Sberbank Europe AG, im Speziellen auf die Sberbank Direct, analysiere sie gerade.

Die VTB Direktbank weniger zinsoffensiv, aber mit ihren Festgeldzinsen lag sie gleichwohl auf vordersten Plätzen. Auf ihrem Internetauftritt schreibt sie, dass es gerade ein erhöhtes Aufkommen an Kundenanfragen gebe und deshalb die Antwortzeiten länger seien als gewöhnlich. Sie beobachte die jüngsten Entwicklungen in der Welt mit großer Sorge. In den weiteren Absätzen weist sie auf die Einlagensicherung hin und schließt mit diesen beiden Sätzen: "Wir gehen davon aus, dass Ihre Einlagen bei der VTB Direktbank weiterhin sicher sind. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir keine Aussagen hinsichtlich der zukünftigen politischen Situation treffen können." Die VTB Direktbank ist eine Marke der VTB Bank (Europe) SE, sie hat die Rechtsform einer europäischen Aktiengesellschaft und den Sitz in Frankfurt am Main, eine europäische Tochtergesellschaft der russischen VTB.

Für den Insolvenzfall wären Kundengelder über das jeweilige Einlagensicherungssystem im Rahmen der geltenden Sicherungsgrenzen geschützt. Sberbank Direct ist der österreichischen Einlagensicherung der Einlagensicherung AUSTRIA Ges.m.b.H zugeordnet. Bei VTB Direktbank ist der Sicherungsbetrag höher, da neben der Zuordnung zur Entschädigungseinrichtung deutscher Banken GmbH eine freiwillige Absicherung besteht über den Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes deutscher Banken e. V. Abgesehen davon ist in diesem Krieg und hinsichtlich des Vorgehens der russischen Regierung jedoch kaum mehr etwas auszuschließen. Zu bedenken ist etwa, dass die Gelder zur Kriegsfinanzierung verwendet werden könnten oder die Verfügbarkeit von Tagesgeldern oder fälligen Festgeldern durch Sanktionen oder Reaktionen darauf eingeschränkt oder technisch unterbunden sein könnte. Die jeweils zuständigen Finanzaufsichten haben laut einem Handelsblatt-Artikel ihre Überwachung intensiviert, um sicherzustellen, dass die EU-Töchter keine Finanzmittel nach Russland transferieren. Die deutsche Bankenaufsicht hat bereits im Herbst vergangenen Jahres bei der VTB Bank (Europe) SE einen Sonderbeauftragten zur Geldwäscheprävention eingesetzt. In Foren ist die Tendenz der geäußerten Meinungen, keine Neuanlagen vornehmen zu wollen und verfügbare Gelder, auf die nur kleine Zinssätze gezahlt werden, abzuziehen. Bei bereits bestehenden Festgeldanlagen ist der Anleger in der Regel an die feste Laufzeit gebunden, sofern er nicht unter eine Ausnahmeregelung fällt. Wer den Sparplan "VTB Flex" mit für die heutigen Zeiten sehr attraktivem Zins hat, wird länger überlegen, wie er sich entscheidet. Weil es in der Niedrigzinsphase für sie besser war, wenn sich der Bestand in diesem Altprodukt verringerte, verzichtet die VTB Direktbank hier schon seit Längerem auf die Vorschusszinsen bei vorzeitiger Verfügung (Update: die Möglichkeit, vorzeitig zu verfügen, selbst gegen Zahlung von Vorschusszinsen, wurde nun von VTB Direktbank beendet).