Newsbeitrag vom 12.04.2022

BaFin schirmt europäische von russischer VTB ab

Die deutsche Bankenaufsicht BaFin hat dem Vorstand der VTB Bank (Europe) SE auferlegt, keine Weisungen der Eigentümerin mehr zu befolgen. Darüber informierte die BaFin in einer Mitteilung. Die in Frankfurt am Main angesiedelte Europatochter soll so nun vollständig der Kontrolle aus Russland entzogen sein. Am 8.4.22 ist von der Europäischen Union wegen des Angriffskriegs gegen die Ukraine die Gruppe der sanktionierten Unternehmen unter anderem um die PJSC VTB Bank aus St. Petersburg erweitert worden. Daher sei diese nicht mehr als zuverlässig im Sinne des Kreditwesengesetzes anzusehen, so das Argument der BaFin für den Kontrollentzug. Vor Wochen verhängte die BaFin bereits ein Verbot, Zahlungen oder Vermögensverschiebungen zugunsten der staatsnahen russischen Mutter vorzunehmen. Weiter erklärte sie, die operative Geschäftslage sei grundsätzlich unverändert. Einleger können weiterhin frei über ihr Geld verfügen und Schuldner ihre Kredite mit Zins und Tilgung bedienen. Auch andere Gläubiger der Bank dürfen - soweit sie nicht selbst sanktioniert sind - bedient werden und Zahlungen der Bank entgegennehmen. Korrespondenzbanken, Dienstleister und Mitarbeiter dürfen weiterhin für die VTB Bank (Europe) SE tätig sein. Und erstmals äußerte sich die BaFin zu den weiteren Plänen: Das Geschäft solle geordnet zurückgeführt werden. Spekuliert wurde in der Finanzbranche auch über einen von der Eigentümerin zu initiierenden Verkauf, wobei dies angesichts der Sanktionen schwierig umsetzbar wäre und gegebenenfalls besonders strukturiert werden müsse.

Der Einlagenbestand der VTB Bank (Europe) SE war vor allem in Deutschland über die Marke VTB Direktbank eingesammelt worden. Mittlerweile ist er stark zusammengeschmolzen. Nach Kriegsausbruch haben viele Kunden ihre Konten leergeräumt, weil sie die russischen Absichten mit ihren Geldern nicht finanzieren wollten und weil sie fürchteten, das Institut könne wegen der Sanktionen und der Mittelabflüsse pleitegehen. Es hätte nämlich ähnlich laufen können wie bei der in Wien angesiedelten Sberbank Europe. Diese stand direkt unter der Aufsicht der Europäischen Zentralbank und wurde von ihr als ausfallgefährdet eingestuft, begründet mit den hohen Mittelabflüssen. Die Bank wurde daraufhin geschlossen, betroffene Privatkunden von der Einlagensicherung entschädigt. Die BaFin verfolgte bei der VTB Bank (Europe) SE einen anderen Kurs, sie sehr eng zu beaufsichtigen, um die Abwicklung zu vermeiden. Nach außen kommunizierte sie zunächst kaum. Einlagen darf die Bank seit Ende Februar nicht mehr neu hereinnehmen. Auch Einzahlungen in laufende VL-Banksparpläne werden seitdem abgewiesen, für die künftigen vermögenswirksamen Leistungen des Arbeitgebers müssen sich die Kunden einen neuen Vertrag suchen. Der Robo-Advisor "VTB Invest" wurde eingestellt, das bis dahin gemanagte Fondsvolumen können die Kunden veräußern oder an eine andere Bank übertragen lassen. Während neues Einlagengeschäft untersagt ist, sind Auszahlungen von freien Geldern grundsätzlich zugelassen, sodass sich das beabsichtigte Rückführen des Geschäfts zu einem guten Teil von allein ergeben wird. Zu den Festgeldern wurde aber keine außerordentliche Kündigungsmöglichkeit eingeräumt, beim Sparkonto "VTB Flex" wurde sie gar beendet. Auszahlungen dauerten anfangs ungewohnt lange, weil jede Überweisung über ein Zwischenkonto lief und geprüft wurde. Es gab viele Kundenanfragen, sodass das Institut überfordert war und seine telefonische Erreichbarkeit abstellte (seit wenigen Tagen ist sie wiederhergestellt). Kurzzeitig war auch die Website nicht erreichbar. Und Überweisungen auf Referenzkonten bei anderen Banken kamen teilweise nicht an, waren dann über Wochen verschwunden, da manche Empfängerbank Zahlungen von russischen Banken aus Angst vor Sanktionsverstößen nicht annahm, wie sich herausstellte. Mittlerweile akzeptieren die meisten deutschen Institute Zahlungen von der VTB Bank (Europe) SE wieder, die anders als der Mutterkonzern nicht von SWIFT ausgeschlossen ist. Wegen dieser größtenteils unvermittelten Ereignisse war die Verunsicherung der Kunden groß, obwohl die Einlagen an sich im definierten Umfang stets gut geschützt waren, da die Zuordnung zur Entschädigungseinrichtung deutscher Banken GmbH besteht und eine freiwillige Absicherung über den Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes deutscher Banken e. V. Ersichtlich wurden die Turbulenzen auch an anderen Stellen, als etwa der Auslandsbankenverband bekannt gab, erstmals ein Mitglied vor die Tür setzen zu wollen - die Europatochter der VTB sei angesichts des Russland-Ukraine-Konflikts "nicht weiter zumutbar". Und vier der fünf Vorstände verließen laut einem Bericht des Handelsblatts in den vergangenen Wochen das Institut.