EZB-Zinsanhebung um 0,75 Prozentpunkte
0,50 oder 0,75 Prozentpunkte, allein der Umfang der Zinserhöhung war im Vorfeld noch fraglich. Die Ratsmitglieder der Europäischen Zentralbank (EZB) votierten beim heutigen Zinsentscheid einstimmig für den großen Zinsschritt. Damit steigt der Leitzins so stark wie noch nie, mit Wirkung zum 14.9.22 von 0,50% auf 1,25%. In gleichem Maße steigt die Einlagefazilität für die bei der EZB gehaltenen Einlagen der Geschäftsbanken, von null auf 0,75%, jahrelang war sie negativ.
Die EZB musste wegen der viel zu hohen Inflation handeln, derzeit eine der großen Sorgen der Menschen. Preisstabilität zu gewährleisten, gehört zu ihren Kernaufgaben; wobei sie spät reagierte, da die Zinsanhebungen den konjunkturellen Abschwung und die Finanzprobleme der Südstaaten verschärfen können. Die Inflationsrate im Euroraum liegt mit zuletzt 9,1% fast beim Fünffachen des mittelfristigen Zielwerts. In einigen Staaten ist sie völlig aus dem Ruder gelaufen, etwa in den baltischen, wo sie seit Monaten über 20% liegt. Doch selbst mit dem jetzigen Zinsschritt ist die EZB ausgehend von der expansiven Geldpolitik noch nicht ansatzweise in einer neutralen oder gar straffen Ausrichtung angekommen; es werden noch weitere Anhebungen notwendig sein. So erklärte sie heute, der Rat gehe auf Grundlage seiner aktuellen Einschätzung davon aus, die Zinsen in den nächsten Sitzungen weiter zu erhöhen. Das soll die Nachfrage dämpfen und dem Risiko einer andauernden Aufwärtsverschiebung der Inflationserwartungen vorbeugen.
Bereits das erste Anheben im Juli um einen halben Prozentpunkt hat auf dem Bankenmarkt in der Breite für ein steigendes Zinsniveau gesorgt – deutlich spürbar ein anziehender Wettbewerb und eine Rückkehr von Anbietern bei Tagesgeld und Festzinsanlagen sowie andererseits höhere Kreditzinsen für eingeräumte Überziehungen, Ratenkredite und Baudarlehen. Die Verwahrentgelte haben die meisten Banken zeitnah abgeschafft, teilweise zum selben Datum wie für sie der Negativzins bei der EZB entfiel. Nun in davon auszugehen, dass hier die nächste schnelldrehende Zinsrunde ansteht.