Newsbeitrag vom 16.03.2023

EZB-Zinsanhebung trotz Bankenturbulenzen um 0,50 Prozentpunkte

Die Ratsmitglieder der EZB blieben inmitten eines äußerst angespannten Umfelds beim angekündigten großen Zinsschritt, sie beschlossen am 16.3.23, um einen halben Prozentpunkt anzuheben. EZB-Präsidentin Lagarde hatte ihn beim Zinsentscheid im Vormonat schon in diesem Ausmaß angekündigt und das unlängst mehrmals bekräftigt. Daher schien das Drehbuch für die Ratssitzung im März festzustehen, doch brachten die jüngsten Ereignisse weitere Brisanz. In den USA brach die Silicon Valley Bank vergangenen Freitag zusammen. Sie hatte die Risiken eines abrupten Zinsanstiegs nicht einkalkuliert, musste bei langlaufenden Staatsanleihen in ihren Büchern den mit steigendem Zinsniveau einhergehenden Kursverlust realisieren, um einen massiven Abruf kurzfristiger Einlagen der Unternehmenskunden zu erfüllen. Das löste weltweit Unruhe an den Finanzmärkten aus und bereits zwei weitere kleinere Institute wurden zahlungsunfähig. Die Lage schien sich aber zu beruhigen. Am Vortag der Ratssitzung suchten Schockwellen dann auch Europa heim, getroffen hat es die Credit Suisse, deren Aktie stürzte wegen Bedenken um ihre Lebensfähigkeit in der Spitze um 30 Prozent ab. Die Bank galt zuvor schon als angeschlagen, befindet sich seit Jahren in Umstrukturierung. Noch am Abend eilte daraufhin die Schweizer Nationalbank zu Hilfe, sie teilte mit, der Credit Suisse im Bedarfsfall bis zu 50 Milliarden Euro Liquidität zu leihen.

Mit Wirkung zum 22.3.23 steigt der Leitzins im Euroraum nun von 3,00% auf 3,50% und die Einlagefazilität für die von Geschäftsbanken bei der EZB gehaltenen Einlagen von 2,50% auf 3,00%. Angesichts des Preisdrucks hat die EZB die Leitzinsen seit Juli 2022 dann insgesamt um 350 Prozentpunkte angehoben.

Kernziel ist die Geldwertstabilität, aber die EZB hat auch die Funktion als Bankenaufseherin. Sie steht also vor der schwer lösbaren Aufgabe, einerseits glaubhaft zu machen, weiterhin entschlossen gegen die Inflation zu kämpfen, und zu vermeiden, die Banken durch zu forsches Vorgehen in noch größere Nöte zu bringen. Mit Blick auf die jüngsten Verwerfungen betonte Lagarde in der Pressekonferenz, der Bankensektor im Euroraum sei widerstandsfähig, in Eigenkapital und Liquidität robust aufgestellt, die EZB aber bereitstehe, notfalls schnell und kreativ zu handeln. Das wird sozusagen separat angegangen. Vage blieb Lagarde beim Ausblick für weitere Zinsanhebungen, man werde datenabhängig entscheiden, und zwar abhängig von den Inflationsprognosen. Das Instrument mit höheren Zinsen die Inflation zu bekämpfen, verbessert bei den Banken zwar das Ertragspotenzial im Zinsgeschäft. Die abrupte Zinswende kann aber auch Stressfaktor sein, was sich aktuell zeigt.