Nickel startet mit Kontoeröffnungen, aber sehr wenigen Anlaufstellen
Mit Nickel ist ein neuer Girokontoanbieter auf den deutschen Markt gekommen, der vieles anders macht als die sonstigen Banken. Zum einen will Nickel entgegen dem Trend der Filialschließungen vor Ort präsent sein, in Kooperation mit Kiosken, Lotto-, Telefon- oder Kopierläden. Und zum anderen will Nickel Menschen nicht ausschließen, die Schwierigkeiten hatten, eine Bankverbindung zu bekommen, sei es wegen geringen Einkommens, negativer Schufa oder weil sie sich mit den Prozessen überfordert fühlten. So zählt Nickel an prominenter Stelle auf, die Kontoeröffnung ohne Mindesteinkommen zu ermöglichen und Ausweisdokumente aus 190 Ländern zu akzeptieren. Die meisten anderen Banken wollen bonitätsschwache Kunden eher nicht, was sich in teuren Basiskontomodellen, dem Gewähren von Terminen zur Kontoeröffnung in ferner Zukunft oder gar Kontokündigungen zeigt.
Nickel beschreibt die Schritte der Online-Kontoeröffnung, die letztlich auch in den Shop eines Kooperationspartners führen. Abbildung aus den FAQ.
Am 11.7.23 sind auf www.nickel.eu in der Länderversion für den deutschen Markt die Inhalte komplettiert und die Kontoeröffnungsstrecke integriert worden. In den Tagen zuvor waren schon das Preis- und Leistungsverzeichnis und einige andere Elemente auf Unterseiten aufgetaucht; während die Homepage noch die Fehlermeldung anzeigte, die aufgerufene Seite sei nicht auffindbar. Nun geht es los, wenngleich mit einem sanften Start. Das größte Problem offenbart die Landkarte, die die Nickel-Shops anzeigt: nur 22 Nickel-Shops, Stand heute, für das gesamte Bundesgebiet. Dorthin muss man, zur Identifikation und um die Karte abzuholen und aktivieren zu lassen, egal ob man sich für die Online-Kontoeröffnung oder die Eröffnung im Nickel-Shop entscheidet. Bei der Online-Kontoeröffnung werden zwar ein Scan von Vor- und Rückseite des Personalausweises und ein Selfie zum Abgleich verlangt, VideoIdent wird jedoch nicht angeboten. Im Shop ist das Starterpaket inklusive der Karte für EUR 25,00 zu erwerben, Konto und Karte werden im Shop sofort aktiviert. Auch aus den AGB geht hervor, dass die Aktivierung ohne Besuch in einem der Shops nicht möglich ist. Entscheidet man sich für die komplette Kontoeröffnung im Shop, ist eigentlich nur ein Schritt abweichend, den Kontoantrag füllt der Interessent dort nämlich am bereitgestellten Nickel-Terminal aus.
"Nickel" ist im Französischen ein umgangssprachliches Wort in der Bedeutung von "super" oder "einwandfrei". Die Geschichte von Nickel begann 2014 in den Vorstädten Frankreichs mit dem Ziel, jedem kostengünstigen Zugang zu einem Konto zu bieten. Sowohl die Kunden als auch die Shopbetreiber nahmen das an und Nickel konnte schnell expandieren. 2017 wurde Nickel von BNP Paribas aufgekauft. Dennoch, die Einzigartigkeit wurde bewahrt und das Konzept ab 2020 auch nach Spanien, Belgien und Portugal ausgerollt. Die Marke Nickel wird nicht direkt von der BNP Paribas betrieben, sondern von der Tochtergesellschaft Financière des Paiements Électroniques (FPE). Diese hat inzwischen eine Niederlassung in Berlin. Die FPE ist keine Bank, sondern lediglich ein zugelassenes Zahlungsinstitut, eine Einlagensicherung besteht nicht. BNP Paribas ist in Deutschland schon mit Consorsbank, Consors Finanz, DAB bank und einer 50-prozentigen Beteiligung an der Opel Bank aktiv.
Das Standardangebot von Nickel deckt bei einer jährlichen Gebühr von EUR 25,00 die Kernleistungen ab. Mit dem Erwerb des Starterpakets ist das erste Jahr bezahlt. Enthalten sind ein Konto mit deutscher IBAN, die Kontoführung und eine Debit-Mastercard. girocard und Dispokredit sind nicht erhältlich, es handelt sich um ein reines Guthabenkonto. Bargeldabheben ist in den Nickel-Shops drei Mal pro Monat kostenlos. An Geldautomaten sind die Gebühren moderat: in Deutschland mit EUR 1,50 pro Abhebung; außerhalb Deutschlands, aber in Euro und innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums, mit EUR 1,00 pro Abhebung. Bestimmte Dienstleistungen sollte man wegen der Bepreisung eher meiden. Dazu gehört das Bargeldeinzahlen im Nickel-Shop mit 3,00% Gebühr des eingezahlten Betrags, das Kontoaufladen per Karte mit 2,00% Gebühr des aufgeladenen Betrags und außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums die Kartenzahlung von Kleinbeträgen, da pauschal EUR 1,00 Auslandsentgelt erhoben wird. Ein zweckmäßiges Online-Banking und eine Banking-App für iOS und Android sind vorhanden. Vieles ist auf SMS-Nutzung ausgelegt, ein einfaches Handy genügt dafür, ein Smartphone ist nicht unbedingt notwendig. So besteht die Möglichkeit, Informationen per SMS anzufordern, insbesondere den Kontostand und eine Liste der letzten Transaktionen. Nicht unterstützt wird mobiles Bezahlen per Apple Pay oder Google Pay. Ausgehende SEPA-Echtzeitüberweisungen sind möglich und kosten jeweils 80 Cent. Sie sind allerdings auf insgesamt EUR 1.000 pro Monat begrenzt, normale Überweisungen auf insgesamt EUR 30.000 pro Monat. In den ersten 15 Tagen ab dem Aktivieren gelten niedrigere Limits. Eine abgelehnte Lastschrift pro Monat ist gemäß den Preisangaben gebührenfrei, für jede weitere werden EUR 5,00 Gebühr belastet.
Drei weitere Kartenangebote sollen bald bestellbar sein, sie enthalten jeweils einige Leistungen mehr als die Standardkarte: Bei "My Nickel" zum Preis von EUR 10,00 für die Kartenlaufzeit von vier Jahren ist die Karte lediglich personalisiert, durch Namensaufdruck des Karteninhabers und in der gewählten Farbe. "Premium" für einen jährlichen Kartenpreis von EUR 30,00 beinhaltet Versicherungen und das Auslandsentgelt entfällt. Bei "Metal" für einen jährlichen Kartenpreis von EUR 80,00 ist zusätzlich das Abheben an Geldautomaten seitens Nickel gebührenfrei und das Einzahlen von Bargeld in Nickel-Shops.
Ob Nickel erfolgreich sein wird, hängt jetzt stark davon ab, wie viele weitere Shopbetreiber sie für eine Kooperation überzeugen können. In der Planung waren mal 5.000 angestrebt. Die Partner erhalten Vergütungen für ihre Dienstleistungen, wobei sie sehr niedrig sind, online ist eine Übersicht dazu auf der Unterseite für Partner einsehbar. Eine Kontoeröffnung am aufgestellten Terminal wird mit EUR 3,00 entlohnt. Eine Bargeldauszahlung mit 25 Cent. Die Ausgabe einer Ersatzkarte bringt EUR 2,00. Einzig die Entgegennahme einer Bargeldeinzahlung ist mit 1,13% des Einzahlungsbetrags lukrativ (der Standardkunde zahlt wie oben beschrieben 3,00%). Bleibt der gewonnene Kunde ein Jahr bei der Bank, winkt EUR 1,00 Bonus. Wenn man bedenkt, wie hoch allein die Raumkosten sind, Nickel mit dem Terminal und der Auslage der Karten Verkaufsfläche einnimmt, stellt sich die Frage, ob das für Shopbetreiber auskömmlich sein kann. Die Erfahrungen in den anderen Märkten zeigen aber, so Nickel, dass die Shopbetreiber auch von einer stärkeren Kundenbindung profitierten. Und Nickel stelle neben dem Terminal für die Kontoeröffnung auch ein Kartenlesegerät, womit generell Kartenzahlung akzeptiert werden könne.