Neuer Neobroker: Traders Place mit verlockenden Orderpreisen an allen Börsen
Am vergangenen Freitag ist mit Traders Place ein neuer Neobroker mit Know-how aus Österreich in den hart umkämpften deutschen Markt eingestiegen. Das hatte wohl kaum jemand kommen sehen. Per Pressemitteilung vermeldete das Unternehmen seinen Start. Traders Place wird von der BaFin reguliert, Konto und Depot werden von der Baader Bank geführt. Allein unter den Neobrokern nutzen auch Scalable Broker, finanzen.net zero und demnächst Smartbroker als Bankdienstleister die Baader Bank. Was bei den Wettbewerbern erfolgreich ist, wurde übernommen, wie etwa ein Eröffnungsangebot mit Gratis-Aktie. Und Traders Place bietet die vollen Handelsmöglichkeiten - ähnlich wie Smartbroker. Es gibt keine Einschränkung bei den Wertpapiergattungen, neben Aktien und ETFs sind auch Fonds und Anleihen handelbar. Traders Place ermöglicht, ohne Ordergebühr über gettex zu handeln, und bietet gleichzeitig Zugang zu allen Inlandsbörsen und zu sehr vielen Weltbörsen, und das zu sehr niedrigen Orderpreisen.
Für Ernst Huber ist es die dritte Gründung eines Brokers.
Bildquelle: tradersplace.de/Ernst Kolarik
Was Traders Place interessant macht, ist, dass Ernst Huber der Gründer und Geschäftsführer ist. In Österreich hatte er den langjährigen Marktführer im Brokerage aufgebaut, die direktanlage.at, und zwei Jahrzehnte geleitet. Für die GRAWE Bankengruppe gründete er im Anschluss DADAT, ebenfalls auf Brokerage spezialisiert, und leitet sie seit sechs Jahren. Der Sitz von Traders Place ist im bayerischen Freilassing, nur 24 Autominuten vom DADAT-Sitz in Salzburg entfernt. Was dem gebürtigen Salzburger Huber schon zwei Mal gelungen ist, versucht er nun auf dem deutschen Markt, vermutlich wie bei DADAT im Auftrag der GRAWE Bankengruppe. Es handelt sich daher bei Traders Place nicht um ein typisches Startup; mit der Bankengruppe im Hintergrund und Hubers Erfahrung und soliden Kenntnissen im Online-Brokerage ist die Ausgangsbasis eine andere.
Doch nicht so billig: Neben der niedrigen Orderprovision von Traders Place wird auch eine Handelsplatzgebühr der Baader Bank erhoben, die bei den Fremdspesen vermengt ist.
Das sind die Preise im Detail: Depot und Depot-Verrechnungskonto werden kostenlos geführt. Auf dem Depot-Verrechnungskonto wird verzinst, derzeit mit 1,30% für die Guthabenteile von EUR 1.000 bis EUR 1.000.000. Auf gettex wird kein Orderpreis (nur Spread) erhoben, sofern ein Mindestvolumen pro Order erreicht ist. Ist dem nicht so, fällt ein Mindermengenzuschlag von EUR 1,00 an (zum Vergleich: bei Smartbroker zu den alten Preisen EUR 4,00 bei einer Ordergröße unter EUR 500,00). Das Mindestvolumen gibt Traders Place auf der Seite zu den Konditionen sowie an einigen anderen Stellen mit EUR 750,00 an; in der Pressemitteilung und in den FAQ jedoch widersprüchlich dazu mit EUR 500,00 (Update: wurde erst am 13.11.23 auf einen der beiden Werte angeglichen, auf EUR 500,00). Zu den sonstigen Inlandsbörsen gilt laut Preis- und Leistungsverzeichnis mit EUR 3,00 pro Trade eine Top-Kondition, laut Angabe auf den einzelnen Informationsseiten über das Handelsangebot bei Aktien, ETFs, Fonds oder Anleihen widersprüchlich dazu EUR 3,50 pro Trade (Update: wurde später auf EUR 3,00 angepasst). Ganz unten im Preis- und Leistungsverzeichnis, ansonsten kaum erwähnt, steht zu den Inlandsbörsen noch eine Aufstellung zu "Fremdspesen (Baader)*)", und das Sternchen ist mit "zzgl. handelsplatzabhängiger Gebühren" erklärt. Auf den ersten Blick sieht das wie die üblichen Börsengebühren aus, da sie mit einem niedrigen Prozentwert angegeben sind. Aber die angegebenen Minimumpreise liegen zu Xetra Frankfurt bei hohen EUR 3,00 und bei den weiteren Inlandsbörsen bei EUR 4,00. Es sind somit nur zum Teil die üblichen Fremdspesen, größtenteils sind es separat - seitens Baader Bank - erhobene Handelsplatzgebühren. Der Trade im Inland kostet dann in der Summe doch mindestens EUR 6,00 bzw. mindestens EUR 7,00. Nur zu gettex wird hier keine Handelsplatzgebühr erhoben. An 20 internationalen Börsen, etwa NYSE, Nasdaq, London und Tokyo, kostet der Trade seitens Traders Place EUR 5,00 plus die jeweilige Handelsplatzgebühr der Baader Bank. In einer Beispielrechnung zu den Börsen NYSE und NASDAQ gibt Traders Place an, dass die Spesen der Baader Bank hier 0,015% des Kurswerts betragen, mindestens jedoch USD 4,25. Dies bedeute, bei einer Order bis zu einem Ordervolumen von bis zu ca. USD 28.000 betragen die Spesen seitens Baader Bank USD 4,25. Von Beginn an ist der Handel sowohl per Browser als auch per App möglich. Sparpläne in ETFs, Fonds oder Aktien sind ab einer Sparrate von EUR 25,00 verfügbar, mit monatlicher oder quartalsweiser Ausführung. Derzeit sind rund 350 ETFs sparplanfähig, wobei nur die der Premium-Partner Amundi, iShares und Xtrackers ohne Ausführungsentgelt sind. Für die anderen fallen EUR 0,50 je Ausführung an. EUR 25,00 Gebühr drohen generell bei schriftlichem Auftrag. Ein- und abgehende Wertpapierüberträge werden unterstützt. Ein Wertpapierkredit soll bald verfügbar sein. Gemeinschaftsdepots und Minderjährigendepots sind nicht erhältlich. Die Erreichbarkeit des Kundensupports ist auf E-Mail, Chat oder Rückrufservice ausgelegt.
Preislich sieht das trotz der Inkonsistenzen und den separat zu zahlenden Spesen der Baader Bank ansprechend aus, aber die seitens Traders Place anfallenden Orderprovisionen werden steuerlich nicht berücksichtigt. Dieses Manko ist auf dem Internetauftritt nicht beschrieben. Auf unsere Anfrage per Chat-Funktion wurde uns mehrmals klar bestätigt, dass sie auf den Kontoauszügen zwar ausgewiesen sind, steuerlich aber nicht automatisch als Kauf- bzw. Verkaufskosten berücksichtigt werden. In einer E-Mail an uns teilte Ernst Huber mit, dass dies die derzeitige Situation ist, Traders Place aber an der steuerlichen Thematik der Orderprovisionen arbeite und er davon ausgehe, das im Laufe der nächsten Woche positiv lösen zu können. In die von der Baader Bank vorgenommene Berechnung der auf Kapitalerträge zu zahlenden Steuern fließen sie nämlich nicht in die Kauf- und Verkaufskurse ein. Beim Scalable Broker ist diese Handhabung aufgrund der vertraglichen Gestaltung der Zusammenarbeit mit der Baader Bank genauso, deshalb das Augenmerk darauf. Für die Anleger bedeutet das entweder zusätzlichen Aufwand mit der Steuer oder auf die Anrechnung zu verzichten. Im Handel ohne Orderentgelt über gettex ist dieser Aspekt nicht relevant, wohl aber wenn man sich wegen der günstigen Orderpreise an den anderen Börsen für Traders Place entschieden hat. (Update: Mittlerweile werden, wie uns Ernst Huber im Oktober mitteilte, die Entgelte bei Kauf und Verkauf von Wertpapieren auf Ebene der Baader Bank vollständig steuerlich berücksichtigt. Auch die Wertpapiergeschäfte, die von Kunden in den ersten Wochen nach dem Marktstart durchgeführt wurden, seien bereinigt worden. Lediglich im Kryptohandel biete die Baader Bank derzeit leider keinen Service zu steuerlichen Ausweisen an. Auch der Kundensupport kommuniziert es mittlerweile so: "Die auf der Wertpapierabrechnung ausgewiesenen Gebühren können steuerlich als Anschaffungsnebenkosten berücksichtigt werden. Konkret: Der Mindermengenzuschlag, Provision, Börsengebühr, Courtage werden seitens Baader Bank bereits als Anschaffungsnebenkosten berücksichtigt.")
Mit Payment-for-Order-Flow im Geschäftsmodell zu kalkulieren, das geht jetzt noch; damit jetzt zu starten, ist jedoch ziemlich spät. Das bevorstehende Verbot in der EU wird in den kommenden Jahren in der Branche zu Veränderungen führen. Mit einer Eröffnung des Depots sollte man vielleicht noch ein paar Wochen warten, da dann einige der für gewöhnlich auftretenden Anlaufschwierigkeiten behoben sein dürften und erste Erfahrungen mit den Prozessen gemacht worden sind. Auch dürfte bald bekannt sein, wie Smartbroker auf der Plattform der Baader Bank die Preise gestaltet.