BBVA setzt auf Bewährtes beim Deutschland-Start: sehr hoher Zins, hoher Cashback
Die spanische Großbank BBVA (Banco Bilbao Vizcaya Argentaria) hat am 26.6.25 unter bbva.de den Betrieb im deutschen Retail-Markt aufgenommen. Dabei agiert sie über ihre Niederlassung in Frankfurt mit Vollbanklizenz und digitalem Geschäftsmodell. Das Kernprodukt ist ein Girokonto, laut den Angaben dauerhaft ohne Grundpreis und mit einer dauerhaft beitragsfreien physischen Debitkarte (Debit-Mastercard) ausgestattet. Anders als ING Deutschland und viele weitere Direktbanken verlangt BBVA keinen Mindestgeldeingang oder Mindestgehaltseingang für die kostenlose Kontoführung.
Zur Markteinführung bietet BBVA zwei außergewöhnlich attraktive Eröffnungsanreize: Während die meisten Banken auf Girokonten keine Zinsen zahlen und selbst die besten Tagesgeldangebote darunter liegen, zahlt BBVA in den ersten zwölf Monaten einen Sonderzins von 3,00% p. a. auf Guthabenteile bis EUR 500.000. comdirect etwa bietet Neukunden einen identischen Zinssatz für Tagesgeld bei gleichzeitiger Girokontoeröffnung oder 2,75% ohne Girokontoeröffnung, aber nur für sechs Monate. BBVA verzinst direkt auf dem Girokonto ohne separates Tagesgeldkonto. Zusätzlich gewährt sie für denselben Zeitraum 3,00% Cashback auf Einkäufe mit der Debit-Mastercard. Der Cashback ist bei monatlichen Kartenausgaben von lediglich EUR 250,00 gedeckelt, was maximal EUR 7,50 monatlich oder EUR 90,00 über den gesamten Jahreszeitraum ergibt.
Mit einer Marktkapitalisierung von über 73 Milliarden Euro ist BBVA Europas achtgrößte Bank und bringt erheblich mehr Gewicht mit als die Deutsche Bank. Sie kalkuliert bewusst mit anfänglichen Verlusten. "Im ersten Jahr mag das ein Verlustgeschäft sein, aber mit der Zeit, wenn wir alle anderen Produkte anbieten, werden wir Geld verdienen", räumt CEO Onur Genç ein. Die Profitabilität soll nach sechs bis acht Jahren erreicht werden.
Konditionen und Einschränkungen im Detail
Im Preis- und Leistungsverzeichnis heißt es mit Bezug auf den Sonderzins: "Der Zeitraum von zwölf Monaten beginnt mit dem Tag der Eröffnung des Girokontos und endet am letzten Tag des zwölften darauf folgenden Kalendermonats." Da es in dieser Weise bis zum Ende des Kalendermonats läuft, erhält man bei einer Kontoeröffnung direkt am Monatsanfang die längstmögliche Sonderverzinsung – im Optimalfall gemäß der Formulierung fast 13 Monate, beispielsweise bei Kontoeröffnung am 1.7.25 bis 31.7.26. Nach Ablauf sinkt der Zins deutlich: Für weitere vier Jahre wird das Guthaben mit 25% des Zinssatzes der EZB-Einlagefazilität verzinst, was aktuell lediglich 0,50% entspricht. Bei Schließung des Kontos zahlt BBVA für den laufenden Monat keinen Zins - eine ungewöhnliche Regelung, ebenfalls im Preis- und Leistungsverzeichnis aufgeführt. Zins und Cashback schreibt sie monatlich dem Girokonto gut. Das Cashback-Programm endet nach den ersten zwölf Monaten vollständig.
BBVAs Girokontoangebot richtet sich an volljährige Personen mit Wohnsitz in Deutschland und setzt ein Smartphone voraus, wobei auch ein Banking über den Browser angeboten wird. Gemeinschaftskonten sind derzeit nicht möglich. Als Ident-Verfahren bei der Kontoeröffnung wird ausschließlich VideoIdent angeboten. Das Konto wird der Schufa gemeldet. Es wird eine deutsche IBAN vergeben. Steuerlich ist die verzinste Einlage für Kunden mit Wohnsitz in Deutschland eine Inlandsanlage - Kapitalertragssteuern werden automatisch abgeführt bzw. können durch Freistellungsauftrag oder Nichtveranlagungsbescheinigung vermieden werden. Einlagen sind bis EUR 100.000 je Einleger durch das spanische Einlagensicherungssystem (Fondo de Garantía de Depósitos) gesichert. Die Regelung entspricht den EU-Standards, könnte aber wegen des gegenüber Deutschland niedrigeren Länderratings bei sicherheitsorientierten Interessenten auf Vorbehalte stoßen.
Trotz des digitalen Modells betont BBVA die Bedeutung menschlichen Supports. Ein deutschsprachiger Kundenservice steht rund um die Uhr telefonisch zur Verfügung, ein englischsprachiger werktags von 7 bis 21 Uhr. Die Informationen auf der Website sind ausführlich und in sich konsistent. Eine girocard ist nicht erhältlich. Bargeldabhebungen an Geldautomaten sind im gesamten Euroraum ab EUR 150,00 seitens der BBVA gebührenfrei, Entgelte des Automatenbetreibers können gegebenenfalls anfallen. Für niedrigere Beträge und Abhebungen außerhalb des Euroraums sind es seitens BBVA EUR 2,00. BBVA-Geldautomaten in Spanien sind für die Kunden generell gebührenfrei. Die Bank erhebt kein Auslandsentgelt für Abhebungen oder Zahlungen. Den Girokunden bietet sie drei verschiedene Kredite auf Knopfdruck an, und zwar einen zu aktivierenden Dispokredit bis maximal EUR 500,00, "Pay&Plan" zur nachträglichen Umwandlung von Käufen binnen 90 Tagen in drei bis zwölf Monatsraten sowie einen Ratenkredit für Beträge von EUR 3.000 bis EUR 10.000.
Die Überweisungslimits sind ungewöhnlich niedrig: Ausgehende SEPA-Überweisungen sind auf EUR 10.000 pro Tag begrenzt. Echtzeitüberweisungen werden zwar unterstützt, jedoch ausgehend auf EUR 1.000 pro Transaktion begrenzt, EUR 3.000 pro Tag und EUR 15.000 pro Monat. Die Limits können insbesondere bei größeren Umschichtungen mühsam sein, da Überweisungsbeträge gegebenenfalls auf viele Tage aufgeteilt werden müssen. Alternativ können die Kunden ihr Limit temporär erhöhen lassen, was jedoch einen Legitimationsprozess mit Ausweisscans und Selfie via Postfach-Nachricht erfordert.
Technologisch nutzt die BBVA ihre bestehende Plattform und ihre mehrfach ausgezeichnete Banking-App, die unter anderem eine Ausgabenanalyse und bald Multi-Banking ermöglicht. Als erste Bank in Deutschland führt sie Karten mit dynamischen CVV-Codes ein - der CVV wird in der App generiert und alle zehn Minuten aktualisiert. Diese "Numberless Cards", ohne aufgedruckte Kartennummer und ohne CVV, sollen Datenmissbrauch reduzieren.
Strategie in Italien erprobt
BBVAs Markteintritt folgt dem Vorgehen und Produktangebot in Italien, wo sie Ende 2021 begann und mit 4,00% p. a. auf Guthaben und Cashback auf Kartenzahlungen dem Aufwand eines Girokontowechsels starke Anreize entgegensetzte. In Italien zählt sie über 700.000 Kunden – deutlich mehr als die ursprünglich geplanten 50.000 bis 100.000 pro Jahr. Zurzeit bietet sie dort als Eröffnungsangebot 3,25% p. a. für sechs Monate. Die Deutschland-Offensive dürfte beim derzeit zurückgehenden Zinsniveau zu weiterem Margendruck bei etablierten Banken und Neobanken führen und signalisiert, dass große Player auf dem EU-Markt bei professioneller Umsetzung rasch expandieren können. Bislang war die BBVA hierzulande nur im Corporate- und Investmentbanking tätig und will nun schrittweise eine Universalbank mit Anlageprodukten, Versicherungen und Baufinanzierungen aufbauen.